LICHTERFEST STUTTGART.
LICHTFEUERWERK DER IDEEN.
Wenn mitten im Sommer farbige Lichtsterne und Kometen über Stuttgart leuchten, wenn der Höhenpark Killesberg im Schein unzähliger Lichter erstrahlt, dann wissen die Menschen: Es ist wieder Lichterfest! Seit Jahrzehnten pilgern für dieses Event Tausende Besucher in die denkmalgeschützte Grünanlage, machen es sich auf Picknickdecken bequem und freuen sich auf ein magisches Spektakel. Gemeinsam mit ihrem Herzstück, der ebenfalls denkmalgeschützten SpardaWelt Freilichtbühne, gehört Stuttgarts älteste Parkanlage zur „grünen Lunge“ der Stadt.
MEHR NACHHALTIGKEIT UND VERZICHT AUF DEN PUBLIKUMSMAGNETEN – DAS FEUERWERK.
Ob jung, ob alt, Menschen verschiedenster Nationalitäten feiern beim Lichterfest gemeinsam bis in die Nacht hinein. Wer jedoch dachte, nach der zweijährigen Corona-Zwangspause ginge es bei der beliebten Traditionsveranstaltung mit bewährtem „Business as usual“ weiter, erlebte eine große Überraschung – denn beim Stadtwerke Stuttgart Lichterfest 2022 war einiges anders. Auslöser war ein Auftrag des Stuttgarter Gemeinderates, statt des klassischen Musikfeuerwerks eine Drohnenshow einzubinden. Die städtische Veranstaltungsgesellschaft in.Stuttgart erarbeitete daraufhin gemeinsam mit dem Titelsponsor Stadtwerke Stuttgart ein völlig neues Konzept. Dessen Kern: mehr Nachhaltigkeit und Verzicht auf den Publikumsmagneten schlechthin, das Feuerwerk. Stattdessen wurde gemeinsam mit dem mehrfachen Pyrotechnik-Weltmeister Joachim Berner eine innovative Licht-, Laser- und Drohnenshow entwickelt.
Die große Frage lautete: Würde das von spektakulären Feuerwerkdarbietungen verwöhnte Publikum das neue Konzept annehmen? Pyrotechniker Berner, der in den letzten Jahren das Feuerwerk gestaltete, aber auch bereits 2019 für die Multimediashow zu Silvester auf dem Schlossplatz verantwortlich zeichnete, war sich sicher, dass das Lichterfest auch ohne Feuerwerk ein Erfolg wird: „Die neue Show ist eine absolute Premiere in der Region Stuttgart und die farbenfrohen Bilder werden in der Dunkelheit für Begeisterung sorgen. Der Faktor Licht spielt eine wesentliche Rolle, mit den Lasern kommt ein weiteres, völlig anderes Element dazu. Das Herzstück des Spektakels wird aber eine siebenminütige Drohnenshow, bei der mehrere Stuttgarter Wahrzeichen an den Himmel gezaubert werden.“ Was von der alten Show übrigbleiben sollte, war allein die Bühnenpyrotechnik. Aber auch diese sollte zurückhaltender sein als in den Vorjahren. Außerdem wurde am musikalischen Konzept gefeilt. „Da wir inhaltlich neue Schwerpunkte setzen, haben wir nach Songs gesucht, die besser zur Show passen“, so Joachim Berner. Statt Rockmusik wurden sanftere Titel ausgewählt, die den neuen Charakter widerspiegeln. Was den Veranstaltern bei der Umsetzung des Konzepts eine gewisse Sicherheit gab, war die große Erfahrung Berners. Seit 1980 arbeitet der Holzgerlinger weltweit überaus erfolgreich als Pyrotechniker. Dabei kreiert er eine Vielzahl seiner Effekte selbst. Mehrmals gewann er mit seinem Ehninger Unternehmen Innovative Pyrotechnik GmbH den Weltmeistertitel bei der International Fireworks Competition in Montreal, Kanada. Immer auf der Suche nach neuen, innovativen Ideen und Produktentwicklungen garantieren seine Arbeiten einzigartige Momente.
Licht, Laser, Drohnen – eine moderne Show mit so unterschiedlichen Komponenten zu realisieren, ist aufwendiger und schwieriger als ein Musikfeuerwerk. Joachim Berner war bewusst, dass das Zusammenspiel der drei Elemente perfekt funktionieren muss, um zu begeistern. Aus der bislang üblichen Vorbereitungszeit von drei Wochen wurde für die neue Show eine monatelange Vorbereitungsphase an Computer und Mischpult. Am Entwurf und an den Programmarbeiten tüftelte der Pyrotechniker 180 Stunden – die gesamten Vorbereitungsarbeiten umfassten 330 Stunden. Um die komplette Ausrüstung vor Ort aufzubauen, wurde der Einsatz von 40 Technikern an vier Tagen geplant. Nicht weniger aufwändig gestalteten sich die beeindruckenden Lichtelemente: Es wurden etwa 2.500 Synchronpunkte zur Musik gesetzt, die insgesamt 210 Moving-Lights ansteuern und damit den Park in bunte Lichter hüllen sollten. Unterstützt werden sollte der Lichterzauber durch zahlreiche LED-Panels, drei RGB 30 Watt Laser sowie Pyrotechnik-Elemente.
Zauberwald mit magischem Flair
Am 9. Juli war es dann so weit, pünktlich um 16 Uhr öffneten sich die Tore zum 70. Stadtwerke Stuttgart Lichterfest – und die Besucher strömten in Massen. Zunächst gehörte der Höhenpark an diesem milden Sommertag Kindern und jungen Familien, ehe die Gäste kamen, die sich nach der langen Coronapause kein Vergnügen mehr entgehen lassen wollen: die Jugend, Paare, große Freundesrunden, entspannt, erwartungsvoll und fröhlich. Ein kunterbuntes Rahmenprogramm mit Hüpfburgen, einem Mitmachzirkus, Heißluftballons und kulinarischer Vielfalt mit sieben Gastro-Themenbereichen verkürzte die Wartezeit bis zur Dämmerung aufs Angenehmste. Festival-Fans kamen ebenfalls voll auf ihre Kosten, vier Bühnen sorgten für eine bunte Mischung quer durch alle Musikrichtungen: Rock, Pop, Rap, R’n’B oder Techno. Zehn Künstler und Bands sowie acht DJs boten rund 25 Stunden Live-Musik. Als das Tageslicht schwand, verwandelte sich der Höhenpark nach und nach in ein Lichtermeer aus bunten und funkelnden Leuchtelementen. Ganz besonders stach dabei der sogenannte Zauberwald mit seinem fast schon magischen Flair hervor. Die Besucher konnten in eine neu gestaltete, atemberaubende Kulisse eintauchen und den Zauber von „Wasser & Feuer“ erleben. Passend dazu wandelten kostümierte Stelzenläufer mit glitzernden Bändern wie in einem rauschenden Fluss durch den Wald.
Mehr als 25.000 Menschen fieberten so gespannt und bester Laune dem Höhepunkt des Abends entgegen, der auf 22:15 Uhr angesetzten Licht-, Laser- und Drohnenshow. Und dann das: Genau um 22:05 Uhr setzte Regen ein. Im „Tal der Rosen“ war kein Zentimeter Rasenfläche mehr frei, alle wollten die beste Sicht auf das Spektakel – und mussten sich nun beim Blick in den Nachthimmel mit Regentropfen arrangieren. Doch keiner der Besucher strich die Segel wegen des Schauers, der kurioserweise wieder punktgenau endete, als die letzten Sterne am Himmel verglühten und die Musik verstummte. Ein kleiner Schönheitsfehler, der weder die Technik noch die Begeisterung der Zuschauer beeinträchtigen konnte. Denn es war schlicht und ergreifend grandios, was Joachim Berner und sein Team in den Nachthimmel zauberten. Der Killesbergturm wurde zum Leuchtturm, der Strahlen in Grün, Blau und Silber wie glitzernde Pfeile sternförmig über den Himmel schoss und selbst als vielfarbige Lichtskulptur noch lange in die Nacht leuchtete. Dann zauberte die Technik mit rund 100 Drohnen tanzende Sterne auf den wolkenverhangenen Himmel, die sich zu Bildern formten und ein hübsches Ratespiel unter den Zuschauern auslösten: Ist das nicht das Rössle? Ja natürlich. Unverkennbar! Genau wie der Fernsehturm, das Riesenrad vom Volksfest, gefolgt von den Silhouetten der Stiftskirche, der Grabkapelle, des Neuen Schlosses, der Mercedes-Benz Arena und eines Elefanten als Symbol für die Wilhelma. Wie schön, die Stuttgarter Sehenswürdigkeiten neu zu entdecken.
„Feuerwerk in Slow Motion“
Von weit her und spektakulär – so wie man es bislang vom Feuerwerk kannte – war die neue Licht-, Laser- und Drohnenshow naturgemäß nicht zu sehen. Denn die von den Drohnen erzeugten Lichtpunkte stießen in puncto Reichweite ebenso an Grenzen wie die Laser, die sich natürlich vor allem auf den Park konzentrierten. „Ein Grund mehr, die neue Show beim Lichterfest live und aus der Nähe mitzuerleben“, so Joachim Berner. Seine Drohnen kommunizieren übrigens während ihres Einsatzes über ein eigenes Netzwerk, das man sich wie ein digitales dreidimensionales Spinnennetz vorstellen kann. In diesem durch Koordinaten festgelegten Bereich können sich die Flugobjekte frei bewegen. Eine Störung durch externe Signale oder einen Vogel ist dabei sehr unwahrscheinlich. Als herausfordernd für die Drohnenshow erwiesen sich die Platzverhältnisse, denn der Höhenpark ist keine klassische Freifläche. Jede einzelne Drohne braucht ihren Platz und muss einen Sicherheitsabstand zur nächsten Drohne sowie zum Publikum einhalten, was die Planung nicht einfacher machte.
„Feuerwerk in Slow Motion“, urteilte eine junge Dame nach dem Ende der Drohnenshow ganz versiert. Jubel und Beifall aber brandeten ganz besonders auf, als zum Finale ein hinreißendes Spektakel vermutlich viele glauben ließ, doch noch das geliebte Feuerwerk zu sehen: Nein, es waren keine Leuchtraketen, aber die Bühnenpyrotechnik zauberte den gleichen Effekt von Myriaden von Sternen an den Himmel. Nachhaltig, wie es der Gemeinderat und die Stadtwerke als Öko-Strom liefernder Sponsor forderten. „Stuttgart, was geht ab“, schallte es nach dem Höhepunkt der sensationellen Show animierend von der Freilichtbühne. Die Wiesen waren zwar nass und die Picknickdecken längst eingerollt, aber natürlich ging noch jede Menge ab. Mit der Lichterfest-Party wurde das großartige Spektakel nochmals gebührend gefeiert – bis die Lichter um 1 Uhr endgültig erloschen.
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